„Wanna Play?“: Was macht Grindr auf der Bühne?
6. Oktober 2014
Von Imre Balzer
Wer liest mit, wenn zwei Menschen miteinander chatten? Der niederländische Künstler Dries Verhoeven veröffentlichte private Gespräche ohne das Wissen seiner Chatpartner.
Bild: Imre Balzer/TONIC

Parker T. bemerkt zunächst nichts Ungewöhnliches. Der in Berlin lebende junge Amerikaner chattet mit einem Mann auf Grindr: einer Dating-App, die vor allem von jungen Homosexuellen benutzt wird, um Partner in der unmittelbaren Nachbarschaft ausfindig zu machen und sich zu verabreden. T. schickt Fotos und unterhält sich über persönliche Dinge mit dem Grindr-Nutzer. Der fragt T., ob er nicht etwas Ungewöhnliches machen und ihn rasieren könne. Parker T. willigt ein und machte sich auf den Weg zur Adresse des Fremden, Oranienstraße 13a. Als er am Heinrichplatz ankommt, erlebt er jedoch einen Schock: In einem Container mit durchsichtiger Wand sitzt der Chatpartner, auf einer LED-Wand ist das komplette Gespräch der beiden öffentlich zu lesen. Die Zuschauer erkennen T. Zwar sind seine Nutzerfotos im Container anonymisiert, doch wenige persönliche Details genügen. Er stürmt in den Wagen, wirft einen Tisch um und versetzt dem Fremden einen Schlag.
T.s Gefühle und seine Wut über die „digitale Vergewaltigung“ beschrieb er in einem Facebook-Post, der bisher insgesamt mehr als 500 Mal geteilt wurde und viel Unterstützung erfuhr.
Hinter dem fremden Chatpartner verbirgt sich der Niederländer Dries Verhoeven, der in Zusammenarbeit mit dem Theater Hebbel am Ufer (HAU) ein ungewöhnliches Kunstprojekt gestartet hat. Der Künstler hat sich für die Zeit vom 1. bis 15. Oktober in einem gläsernen Container am Heinrichplatz ein temporäres Zuhause eingerichtet. In dieser Zeit kommuniziert er mit der Außenwelt ausschließlich mithilfe seiner fünf Smartphones, über die Dating-Apps Grindr und Tinder. Seine Chats beginnt der Niederländer mit der Anfangsphrase „Wanna Play?“, und versucht seine Gesprächspartner dazu zu bringen, zu ihm in den Container zu kommen um Kuchen zu backen, Schach zu spielen oder ihm eben beim Rasieren zu helfen. Alles außer Sex, lautet die Devise. Die Chatgespräche sind für alle Besucher des Heinrichplatzes auf einer großen LED-Wand im Inneren des Containers zu lesen – verfremdet wurden anfangs nur die Profilbilder.
Die Kritik gilt nicht nur missachteter Privatsphäre
Was bedeutet Privatheit heute? Diese Frage möchte Verhoeven möglichst radikal diskutieren. Was er dabei übersieht: Durch die Aktion verletzt er die Rechte seiner Chatpartner. Er zieht Menschen, die auf der Suche nach einem Sexualpartner sind, gegen ihren Willen in die Öffentlichkeit. In der Berliner Zeitung zeigte Cornelius Puschke vom Projektteam des Veranstalters ein Stück weit Einsicht: „Wir haben gehofft, dass es niemanden verletzt, was wir auf der LED-Wand zeigen. Inzwischen haben wir festgestellt, dass es das doch tut“.
Seit Freitagnachmittag werden die Chat-Gespräche auf der LED-Wand nur noch verschwommen gezeigt. Außerdem bewachen Securitys den Container.
Doch das eigentliche Problem ist nicht die Privatsphäreverletzung an sich – und damit ist es auch nicht gelöst. Möchte der Autor wirklich eine Diskussion, oder beantwortet das Setting der Aktion seine Frage nicht schon, bevor sie begonnen hat? Die bloßstellende Vorführung der Chatpartner gibt die Bedeutungen des öffentlichem Raums und des Internets schon vor. Seine offenbare These will Verhoeven wohl nur noch bestätigt sehen: dass die Anonymität im Internet schlecht sei und wirkliche Liebe und persönliche Bindungen durch Apps wie Grindr und Tinder untergraben würden. Dabei wäre eine wirkliche Diskussion darüber tatsächlich wünschenswert – ohne sie auf dem Rücken Unschuldiger auszutragen.
Am Sonntagabend gab das HAU-Team das vorzeitige Ende des Projekts bekannt.
maryAm 8. Oktober 2014
Interessanterweise finde es ich es erschreckend, wie simpel und unüberlegt das Konzept hinter der ganzen HAU und Verhoeven Aktion ist. Ich muss ehrlich gesagt sagen, dass ich drei Leute über Tinder kennengelernt habe, mit denen ich noch immer in Kontakt stehe und mich durchaus sehr 'persönlich' verbunden fühle.....
Jana WearneAm 23. September 2021
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