Das pädagogische Pineapple-Prinzip
28. Februar 2013
Von Helene von Schwichow
Berlin kann mehr als nur Elektro. Das beweisen die Jungs von The Perfect Pineapple mit ihrem facettenreichen Indiesound auf ihrer neuen EP "Ringbahn Tapes". Dass dies das Ergebnis eines demokratischen Prozesses ist und warum sie jede Woche einen neuen Song verschenken, haben die vier im TONIC-Interview erzählt.
Auf ein Bier in Kreuzberg mit Malte (26), Daniel (26), Simon (24) und Jonathan (23). (v.l.n.r.)
Bild: The Perfect Pineapple

Was unterscheidet euch von all den anderen Indiebands?
Simon: Muss man sich denn so sehr von allen anderen unterscheiden und das Rad neu erfinden? Ich denke nicht.
Daniel: Es kommt weniger darauf an, sich abzugrenzen, als sich an anderen Bands zu orientieren und daraus etwas Neues, Eigenes zu machen. Wir sind zum Beispiel alle Fans der Band Grizzly Bear, von der wir uns bezogen auf das Songwriting ein bisschen was abgeguckt haben. So etwas kann sich auch erst über einen längeren Zeitraum entwickeln. Insofern würde ich sagen, dass jede der tausenden Indiebands etwas Eigenes hat.
Jonathan: In dem Sinne versuchen wir gerade, mit den Ringbahn Tapes unseren eigenen ganz bestimmten Sound zu manifestieren.
Kann man sich euer Song-Writing als demokratischen Prozess vorstellen?
Daniel: Die Arbeitsteilung ist bei jedem Lied neu, das schlägt sich dann auch in unseren Songs nieder. Das Ganze hat eher Jam-Charakter. Einer beginnt zu spielen, die anderen steigen ein.
Malte: Diese Jam-Sessions arten auch manchmal völlig aus, dann ist es wie ein riesiges Puzzle, von dem man die brauchbaren Teile zusammenfügen muss.
"Wir spielen schon lange zusammen und haben eine Art eigene Sprache entwickelt, über die wir musikalisch kommunizieren."
The Perfect Pineapple gibt es bereits seit 2007. Woher kennt ihr euch?
Malte: Simon und Daniel haben sich beim Skaten kennengelernt und hatten dann mal eine kleine Combo "Acute." Wir haben aber auch vorher zusammen im Chor gesungen und in der Jazzband der Schule gespielt. Als die Schule dann vorbei war, wollten wir weiter Musik machen und haben uns nach einem Schlagzeuger umgesehen.
Daniel: Also Skateboard. Wobei, vielleicht auch Simon und ich im Glitzerdress beim Rollschuhfahren zu Discomusik. Genau, so fing alles an.
A propos Disco. In Berlin ist elektronische Musik allgegenwärtig. Versucht ihr, in eurer klassischen Bandbesetzung, bewusst etwas anderes zu machen?
Jonathan: Nein, unser Song "Mountains" zum Beispiel ist ja auch mit einer Drum-Machine und Synthesizer entstanden.
Malte: Durch die Instrumentenkonstellation hat sich das bisher auch nicht wirklich ergeben, da wir keinen Keyboarder haben. Wir versuchen gerne, Elektronisches mit einzubinden und wenn es nicht passt, dann sind wir einfach wieder Gitarre, Bass, Stimme und Schlagzeug.
Simon: Das ergibt sich auch eher unbewusst. Wenn wir elektronische Sounds einbauen, dann weil sich das ganz natürlich ergibt, nicht weil Berlin es gerade fordert.
Gibt es wiederkehrende Themen in euren Texten?
Simon: In letzter Zeit scheinen die Songs zu wollen, dass es sich immer wieder irgendwie um Wasser dreht, keine Ahnung, wie das kommt. Aber generell versuchen wir wenig über alltägliche Dinge zu singen. Lieber kleine Geschichten wie bei "Sailor" oder von fliegenden Teppichen, Inseln oder Wasserfällen. Irgendwas, das dich automatisch Bilder vorm inneren Auge sehen lässt. Manchmal bin ich mir zwar selbst nicht sicher, was das alles genau bedeuten soll, aber es ist auch bewusst offen gelassen.
"Es ist nicht Junge trifft Mädchen".
Ihr veröffentlicht gerade jede Woche einen Song der Ringbahn Tapes. Warum nicht die ganze EP auf einmal?
Jonathan: Wir sind eine komplett autarke Band ohne Management. Wir machen das Booking und die Releases bisher komplett selber. Und da der materielle Wert von Musik immer mehr schwindet, muss man sich irgendwie an den Markt anpassen. Wir verkaufen unsere CDs auf Konzerten, aber natürlich wollen wir, dass sich unsere Musik verbreitet. Also gehen wir bewusst den Weg der Minderung des Musikwertes, indem wir unsere Sachen umsonst veröffentlichen. Allerdings stellen wir die Hürde, dass es nur einen pro Woche gibt. Das heißt, die Leute die interessiert sind, müssen dran bleiben oder können sich auf Bandcamp das komplette Album für einen Euro oder mehr runterladen.
Malte: Das ist das pädagogische Pineapple-Prinzip. (Lacht.)
Euer wildestes Erlebnis in der Ringbahn?
Simon: Ich kenne eher eine schöne Geschichte aus der Ringbahn. Wir haben Sylvester im Bandraum gefeiert, von wo aus man einen guten Blick über das Flugfeld Tempelhof hat. Um kurz vor zwölf haben wir dann gesehen, wie die Ringbahn kurz vor dem Bahnhof angehalten hat. Ich vermute, dass der Fahrer einfach kurz den Blick auf das Feuerwerk genießen wollte.
Nach dem Abi war ihnen einfach langweilig, heute laufen ihre Songs bei Fritz: The Perfect Pineapple
Bild: Helene von Schwichow/ TONIC

Zum Schluss noch ein paar schnelle Antworten:
Lieblingsgetränk:
Daniel: Gin Tonic mit Gurke!
Jonathan: Bier
Simon: Bananensaft
Malte: Bier – oder doch Rotwein.
Der beste Club:
Daniel: Wilde Renate
Jonathan: Watergate
Simon: Tigerenten Club!
Malte: Kater Holzig
Aktuelle Lieblingsplatte:
Daniel: Ich habe gestern Nacht dreimal Stevie Wonders "Songs in the key of life" gehört. Sowas mache ich aber nicht oft.
Jonathan: Bei mir ist es nach wie vor "King of Limbs" von Radiohead.
Malte: Ich höre im Moment wirklich gern die Ringbahn Tapes.
Peinliches Lieblingsalbum:
Daniel: Wie gesagt: Stevie Wonder "Songs in the key of live." Krasser Kitsch.
Simon: Ich glaub, ich kann immer noch die erste Strophe von "Bad boy for live" von P.Diddy. (Rappt) I'm the definition of: half man, half drugs – Ask the clubs.
Malte: Eminem feiere ich immer wieder übertrieben. Ich habe die Marshall Mathers-LP leider mit 15 an ein Mädel verschenkt, in das ich verknallt war. Heute beiße ich mir dafür in den Arsch.
Bis zum 17.03.2013 gibt es jeden Sonntag einen Song der Ringbahn Tapes als Gratisdownload. Wem die Musik der vier Berliner gefällt, kann das komplette Album für einen Euro oder mehr herunterladen.
Vom 17.- 20. Mai sind The Perfect Pineapple in Berlin, Leipzig, Dresden und Nürnberg zusammen mit der Band "Men should brothers be" auf Tour.
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