Der Alpha-Softie
17. September 2012
Von Alexander Wolff
Männersuche Teil III: Die Online-Partnervermittlung ElitePartner.de hat in einer Studie den Traummann 2012 gesucht. Das Ergebnis ist ein seltsames Mischwesen aus Alpha-Männchen und Softie.
Mehr Haare auf die Brust, bitte!
Bild: Tobias Mittmann/jugendfotos.de

Um herauszufinden, wie wir Männer heutzutage wirklich sein sollen, muss ich mich wohl an diejenigen wenden, die diese ganze Diskussion ausgelöst haben: Die Frauen.
Genau das hat die Online-Partnervermittlung ElitePartner.de in ihrer "Männerstudie" 2012 gemacht, um den "Traummann 2012" zu finden. Herausgekommen ist der Alpha-Softie: "Der Traummann für anspruchsvolle Frauen sollte genauso charmant, lustig, intelligent sein, wie romantisch und zärtlich. Keinesfalls fehlen dürfen ihm Bindungs- und Versorgungsqualitäten. Frauen suchen nach wie vor den Alpha-Mann und Versorger, doch gleichzeitig sollte Mr. Right emotionale und soziale Kompetenzen haben und sich emanzipiert in Erziehung und Haushalt einbringen."
Vom Mann 2.0 werden also alte Rollenklischees in Verbindung mit so etwas wie männlicher Emanzipation in Haushalt und Küche gefordert. Kein Wunder, dass wir Männer verunsichert sind. Brauchten wir früher einfach nur das starke Alpha-Männchen geben, müssen wir heute in jeder Situation etwas Anderes sein. Verständnisvoller Zuhörer, starke Schulter zum Anlehnen, Spitzenkoch, selbstbewusster Karrieremensch, liebevoller Familienvater, talentierter Liebhaber und, und, und...
Wie widersprüchlich der Traummann 2012 ist, zeigt sich auch beim Flirtverhalten. Da machen die Frauen es sich einfach. Zwar soll der Mann laut der ElitePartner-Studie um die Frau werben, eingeladen werden wollen viele Frauen beim Date aber nicht mehr. Oder anders gesagt: Der anstrengende Teil wird weiterhin uns überlassen, solange Frau beim Zahlen der Rechnung auf emanzipiert machen kann. Wer nicht das Zeug zum Traummann 2012 hat, bleibt offenbar am besten weiter ein Alpha-Mann, denn auf den stehen Frauen nach wie vor am meisten, wenn auch unbewusst, wie uns die Studie verrät. Schließlich habe sich das Partnerwahlverhalten des Menschen über Jahrtausende entwickelt und die Wahl des Alpha-Männchens sei schlichtweg eine Überlebensstrategie, da ändern auch 30 Jahre Emanzipation nichts dran. Frauen wollen also eigentlich den Softie, während ihr evolutionäres Unterbewusstsein nach dem Alpha-Männchen ruft. Kein Wunder also, dass man als Mann vieles falsch und wenig richtig machen kann.
Wie ich als Mann heute sein soll, weiß ich immer noch nicht. Aber genau das werde ich nun mal ein paar Frauen persönlich fragen, in Teil IV unserer Reihe. Solange spielen wir nochmal den Schmerzensmann:
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LaurieneAm 4. Dezember 2012
"Kein Wunder, dass wir Männer verunsichert sind. Brauchten wir früher einfach nur das starke Alpha-Männchen geben, müssen wir heute in jeder Situation etwas Anderes sein."
Ich weiß ja nicht, wie alt du bist, aber es erscheint mir lächerlich, dass du davon sprichst, dass 'ihr Männer' damals starkes Alpha-Männchen sein musstet. Ist Tonic nicht ein Magazin "von jungen Leuten für junge Leute"? Ganz davon abgesehen: niemand musste das starke Alpha-Männchen sein. Das ist eine Position, die frei gewählt und liebend gerne eingenommen wurde.
Anmerkung
* Natürlich, du wolltest nur darauf anspielen, dass der Mann heutzutage mehrere Verhaltens- und Seinsebenen bedienen muss als im stereotypen (leider oftmals noch immer vorherrschendem) Männerbild. Wahrscheinlich sollte das alles mit einem ironischen Unterton geschehen.
Zumindest hoffe ich das.
Aber genau das ist es, was den Artikel so zweifelhaft macht. Als Leserin bin ich nicht von der Ironie überzeugt - ich muss sie mir erhoffen. Das kann es doch nicht sein, oder?
AlexAm 5. Dezember 2012
Also zunächst einmal: Ich bin 25 und dieser Artikel ist nicht wirklich ironisch gemeint, vielleicht manchmal ein wenig überspitzt, aber einen ironischen Grundton habe ich nicht beabsichtigt. Ich meine das ernst.
Trotz meines jugendlichen Alters meine ich, dass es früher so war, dass die Geschlechterrollen festgelegter waren. Das sieht man, wenn man sich die GEschichten anderer Generationen anhört oder sie sich nur nur anschaut. Und viele Frauen suchen sich heute nach wie vor ein Alpha-Tier und beschweren sich dann hinterher über selbiges. Und als Mann versteht man dann die Welt nicht mehr, wenn man heute so und morgen so sein soll. Vermutlich ist das Alpha-Männchen aber nicht frei gewählt, sondern evolutionär bedingt. Wenn man aber von dem Klischee weg will, ist man heutzutage nicht Traummann, sondern höchstens bester Kumpel oder man wird gleich für schwul gehalten (was ok ist, wenn man es ist - wenn nicht, ist es hinderlich).
LaurieneAm 5. Dezember 2012
Du meinst das ernst, sagst du. Das schockiert mich, denn die Folgen von einem Gedanken wie "So soll ein Mann sein" sind scheußlich! Es ist, als würde sich die Katze in den Schwanz beißen. Denn das von dir geschilderte Identitätsproblem des Mannes rührt doch nur daher, dass es 'den Mann' als Rolle gibt. Wir müssen weg vom Rollendenken, hin zu einer individuellen Betrachtung der Menschen! Es ist egal, ob Mann oder Frau oder sonstiges. Was zählt ist, dass der Mensch seine Bedürfnisse und Wünsche äußert und eine individuelle Identität hat, und auch diese vordergründig wahrgenommen wird. Sobald wir über Gender-Rollen sprechen, ohne auf das Individuum zu schauen, kann niemand glücklich werden. Im Gegenteil: es kommt zu Ausdrücken wie 'normal' (z.B.: "Der normale Mann strickt nicht' 'Der normale Mann schaut lieber Sportsendungen als die normale Frau'). Was nützen normative Aussagen? Ich bin mir sicher, nur wenige Leute beziehen sich mit dem Wort 'normal' auf die statistische Standardnormalverteilung. Die meisten hingegen benutzen das Wort, um darauf aufmerksam zu machen, dass ein Verhalten oder eine Eigenschaft abweicht, wodurch es zu Randgruppen und Außenseiterpositionen kommt.
Also, was bringt das alles, das Gerede über die Identität des Mannes, der Frau? So etwas gibt es in vereinfachenden evolutionsbiologischen Schemata, welche uns Menschen wiederum an unseren Eigenschaften zweifeln lassen, sobald wir von ihnen abweichen.
Die einzelne Person zählt.
AlexAm 5. Dezember 2012
Das ist ja alles schön, was Du sagst. Ich glaube aber eben, dass diese Rollenbilder und ich hatte gehofft, dass das in dem Artikel deutlich wird, bei Frauen durchaus aufgelöst sind. Ich kenne Frauen, die Metal hören und im Fußballstadion in der Kurve stehen, das ist kein Problem. Bei Männern aber sind diese Rollenvorstellungen offenbar weiterhin vorhanden, auch wenn man sie vielleicht nicht mehr wahr haben will. Dennoch wird man schief angeschaut, wenn man als Mann keinen Alkohol trinkt, oder strickt. Es werden bestimmte Dinge von Dir erwartet, Individualisierung hin oder her. Und eben dieses Rollenbild des Mannes wird sowohl von Männern als auch von Frauen bestärkt, aber man tut so als wäre es nicht mehr existent.