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Für *Schokoladenliebhaber

Kindersklaven auf Afrikas Kakao-Plantagen

22. Mai 2012
Von Dirk Richter

Dirk ist Autor bei KiPPE Leipzig

Texte von Dirk
autor@tonic-magazin.de

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Wer liebt nicht Schokolade? Die zarteste Versuchung, quadratisch und praktisch – Oder auch kinder-Schokolade? Doch so bitter es klingt: Schokolade bedeutet für die einen Kinder süße Freude, für viele andere ein erbärmliches Leben.

Auf diesem Bild: Weder Kind noch Sklave - Kakaoanbau in Ghana.

Auf diesem Bild: Weder Kind noch Sklave - Kakaoanbau in Ghana.

Der Artikel erschien erstmals in KiPPE, seit 1995 Leipziger Straßenzeitung. Die Verkäufer und Verkäuferinnen sind meist in sozialer Not, von Wohnungslosigkeit bedroht oder gar wohnungslos – in dieser Hinsicht stehen sie auf der "Kippe". Die Zeitung ermöglicht ihnen nicht nur Geld zu verdienen, sondern auch mit der Gesellschaft im Kontakt zu bleiben.

Speziell in Afrika, wo ein Großteil der Kakaobohnen für die weltweite Schokoladenproduktion geerntet wird (allein 40 Prozent in der Elfenbeinküste), ist der Handel mit Kindersklaven an der Tagesordnung. Umgerechnet zwischen 200 und 250 Euro zahlt ein Kakaobauer pro Arbeiter. Menschenhändler entführen die meist zwischen 10 und 14 Jahre alten Jungen und verkaufen sie in den Nachbarländern.

Diese Kinder müssen von morgens bis abends auf den Plantagen arbeiten, bei brütender Hitze – sieben Tage in der Woche. Sie erhalten karges Essen und natürlich keinerlei Lohn. Häufig werden sie miserabel behandelt und geschlagen. Durch die körperlich schwere Arbeit sind sie nach einigen Jahren meist Invaliden. Mit Macheten ernten sie die Kakaobohnen, hierbei kommt es immer wieder zu Verletzungen. Auch Pestizide werden von ihnen verspritzt – ohne Schutzkleidung. Schwere Kanister mit den hochgiftigen Flüssigkeiten tragen die Kinder auf dem Rücken. Das Gift gelangt nicht nur auf die Bohnen, sondern auch in die Atemwege und auf die Haut der Kinder. Zum Pflücken der Bohnen müssen die Kinder auf Bäume klettern, immer wieder kommt es zu Stürzen. Haltungsschäden bekommen die Kinder durch das Tragen viel zu schwerer Körbe mit Kakaobohnen. Häufig sperren die Besitzer ihre Sklaven nachts ein, damit sie nicht flüchten können. Schokolade – das Produkt, für das sie schuften, bekommen sie selbst nie zu sehen.

Kleinbauern in Ruin getrieben

Nach Schätzungen von UNICEF schuften über 200 000 Kindersklaven auf den Kakao- Plantagen Afrikas. Zwar gibt es ein internationales Abkommen gegen Kinderarbeit, doch Kontrollen sind Fehlanzeige. Zwar kaufen Kakaobauern auch Kindersklaven ein, obwohl sie selbst bettelarm sind. Doch die wahren Nutznießer des Verbrechens sind ganz andere. Es sind die großen Konzerne, die sehr geringe Preise für die Kakaobohnen zahlen – Preise, die obendrein ständig stark schwanken und so immer wieder Kleinbauern in den Ruin treiben.

Miki Mistrati, der die Reportage "Schmutzige Schokolade" für die ARD drehte, sagt: "Kinderarbeit und Kindersklaverei werden von der Schokoladenindustrie zumindest geduldet, denn diese unternimmt viel zu wenig dagegen." Der dänische Filmemacher war undercover in der Elfenbeinküste und bekam Kindersklaven aus Burkina Faso zum Kauf angeboten.

Ein häufig verbreiteter Irrtum ist der, dass Bio gleich Fairtrade ist. Zwar kommt Bioschokolade meist aus Südamerika, wo die Anbaubedingungen häufig nicht ganz so erbärmlich wie in Afrika sind, doch das Bio-Siegel beinhaltet ökologische Auflagen, keine sozialen. Die großen Schokoladehersteller (Nestlé, Kraft, Mars und Ferrero) kaufen ihren Kakao ohnehin über Zwischenhändler auf dem Weltmarkt. Somit haben sie keinerlei Kontrolle darüber, von welchen Plantagen ihr Kakao stammt und unter welchen Bedingungen dort gearbeitet wird. Man muss also weiterhin davon ausgehen, dass diese Firmen auch "Sklaven-Kakao" für ihre Produkte verwenden. Verlässliche Regeln gibt es nur für Schokolade, die Fairtrade-zertifiziert ist. Hier gibt es unabhängige Kontrollen, dass auf den Plantagen weder Kinder noch Sklaven arbeiten. Zudem erhält der Bauer einen stabilen Preis über dem Weltmarktniveau für die Kakaobohnen.


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