Mitbewohner Theofanis: PLEITE!
4. April 2012
Von Jakob Hinze
Angelika, die Wortführerin auf solchen Sitzungen, hatte die gefährliche Situation schon lange kommen sehen: "Wir müssen unbedingt verhindern, dass uns der Grieche pleite geht!", hatte sie vor Wochen Niklas und Rodriguez zugeraunt, nachdem Theofanis vor den Augen der verdutzten Truppe ein funkelnagelneues Flachbildfernsehgerät samt Festplattenrekorder in sein Zimmer transportierte. Über die Finanzierung dieses High-End-Geräts war aber schon bald der Mantel des Schweigens ausgebreitet worden, nachdem Theofanis den Fernseher offiziell zum gemeinsamen Sportschau und Tatort gucken freigegeben hatte. Doch jetzt war Schluss mit lustig: Angelika schärfte ihren Mitbewohnern den Ernst der Lage schonungslos ein. Sie und Niklas wussten nur zu gut, welch verhängnisvolle Folgen ein Ausschluss des Griechen für den Rest der WG haben könnte. "Wenn der Grieche fällt, fällt auch der Portugiese – alle Zimmer mit Südseite werden dann in Schwierigkeiten geraten", murmelten sie einander zu, denn feststand: Der ebenfalls chronisch klamme Rodriguez würde die auf jedes einzelne WG-Mitglied zusätzlich anfallenden Mietkosten nicht bezahlen können, wenn man Theofanis vor die Tür setzte. Die Mieter im Europa-Haus hatten sich zu einer Schicksalswohngemeinschaft entwickelt.
Hat sich schon selbst rausgeschmissen: Griechenlands Ex-Regierungschef Papandreou
Bild: Bastian Preussger/TONIC

Aber welche Alternativen zu einem Rauswurf gab es? Theofanis merkte schon nach wenigen Minuten der erregten Küchendiskussion, dass jetzt Tacheles geredet wurde. Vor allem Angelika und Niklas überboten sich geradezu im Vorschlagen harter Maßnahmen, um sein aus den Fugen geratenes Finanzmanagement künftig streng kontrollieren zu können. Ihre Geduld war überstrapaziert, ihre Bereitschaft, einen Rettungsschirm für den armen Theofanis aufzuspannen, knüpften sie an Bedingungen, die sich gewaschen hatten: Ohne Strukturreformen in seinem Lebensstil wären die Mitbewohner zu keinen weiteren Zahlungen bereit. "Wie soll ich daheim meinen Eltern erklären, dass wir hier Defizitsünder auch noch mitfinanzieren und weiterhin Geld in ein Fass ohne Boden pumpen?", jammerte vor allem Niklas, dessen zusätzliches persönliches Problem es war, dass in wenigen Monaten seine Eltern zur Abstimmung über die Weiterfinanzierung seines Studiums zusammentreffen würden. Solange die WG in der Theofanis-Frage nicht endlich brauchbare Ergebnisse liefern könnte, würden seine Beliebtheitswerte in der Heimat weiter in den Keller sinken.
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KommentatorAm 4. April 2012
Sensationell!
BrianAm 8. April 2012
Wirklich ein guter Start! Freue mich auf die Fortsetzung :) Dann vielleicht ein Blick in die Nahost-WG? Werden Benjamin und Mahmud sich kloppen? Oder greift der gute Obi doch noch ein?