Wahlkampf auf Russisch
1. März 2012
Von Tobias Gafus
Die Kindererfinder
Fehlenden Durchblick bewies die Redaktion der Neuen Welt
Bild: Kristin Blesch/jugendfotos.de

Ausgerechnet BILD reagiert zurückhaltend. Lediglich "kurios" finden die Springerleute den peinlichen Schnitzer ihrer Boulevardkollegen von der Neuen Welt. Die waren vergangene Woche exklusiver als ihnen lieb sein dürfte – denn sie vermeldeten als einziges Medium, dass die schwedische Thronfolgerin Victoria einen Jungen bekommen habe. Was falsch war. Tatsächlich war der royale Nachwuchs nämlich weiblich. Dank diesem inhaltlichem Gau, der in gelben Lettern auf dem Cover prangt, fällt es dann auch kaum mehr ins Gewicht, dass der Redaktions-Legastheniker gleich noch einen Fehler auf das Titelblatt getippt hat. Oder war die Neue Welt ausnahmsweise tatsächlich investigativ tätig und weiß als einziges Blatt, dass Markus Lanz demnächst eine Sendung namens "Wetten, das..." moderieren wird?
Spott und Häme jedenfalls gab's nicht nur auf Facebook. Wie Meedia diese Woche berichtet, wurde auch in unseren nördlichen Nachbarländern gehörig über die Neue Welt hergezogen.
Der eigentliche Skandal ist freilich mit welcher Konstanz die WAZ-Zeitschrift aus den Versatzstücken "Ja!","endlich", "Baby", "Junge" und dem Bild einer beliebigen – gerne blaublütigen – Persönlichkeit Fehlinformationen baut, wie hier schön zu sehn ist. Schuld an den Falschmeldungen, die Neue-Welt-Chefredakteur Kai Winkler mit verstörender Regelmäßigkeit produziert, ist laut dessen eigener Aussage meistens eine besonders geheime und besonders zuverlässige Quelle, die sich dann immer erstmals irrt. Da kann man nur hoffen, dass die Neue Welt ihren famosen Informanten nicht auch noch Geld für die Exklusiv-Infos gezahlt hat.
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