Antwort eines Brotberuflers
10. November 2011
Von Jan Seehusen
Die Debatte um Marc Epplers offenen Brief "Liebe Durchschnitts-Karrieristen" mündete in homophober Koketterie. Leser Jan Seehusen schickte Marc eine Antwort, die mehr mit dem Inhalt zu tun hatte.
In Brotberufen steckt manch große Freiheit.
Bild: Christoph Soeder/TONIC

Aus den Kommentaren zu Liebe Durchschnittskarrieristen:
David: Ich studiere BWL und kann deine Gründe durchaus verstehen. Das ist nicht was für jeden. Mir hingegen macht BWL Spaß wie dir halt Spanisch
Felix: Du stilisierst Dich zum Vorkämpfer der Nicht-Karrieristen, mit diesem Geschreibsel machst Du aber leider nicht nur Dich lächerlich, sondern eben jene Studierende. Mache etwas, das Du kannst! Ich hoffe, dass es Spanisch ist...
Lieber Marc,
Mich hat dein Artikel stark beeindruckt. Obwohl ich einiges entschieden ablehne, ist dein Artikel aus meiner Sicht ein (Kunst-)Werk für sich.
Du malst in wunderbaren Farben aus, wie wichtig es ist, auf seine eigene innere Stimme bei der Studienwahl zu hören. Genau darum geht es doch: Die Dinge zu studieren und zu tun, zu denen man Lust hat. Unsere Zeit ist zu kostbar, um sie mit etwas zu verbringen, was einen nicht bis zum Rand ausfüllt – auch wenn diese Auffassung von Glück etwas zu idealistisch ist und es Auf und Abs gibt, die jeder einmal hat.
An deinem Text stört mich nicht die Überzeugung der ganz persönlichen und frei von Karrierestreben orientierten Studienwahl. Vielmehr frage ich mich, ob dieses Bild unserer Generation tatsächlich zutrifft. Ich denke, dein Text widerspricht sich:
1) Gibt es wirklich nur die, die auf eine Karriere hin studieren und die, die ihr Wunschfach ohne schnellen Karrieresprung ausleben? Gibt es keine Stufen dazwischen? Ich etwa studiere auf Lehramt; Mit Deutsch als Erstfach stehe ich in einer Zwischenposition, in der ich von Mitstudenten, die ein Fach "richtig" studieren, schräg angesehen werde. Ein Ruf hängt mir an: Ich strebe ein schnelles Ende des Studiums an und will Beamter werden (und was dann folgt, scheint klar zu sein). Es wird genauso wenig akzeptiert, dass ich mit ebenso viel Lust Josef K.s schwarze Seele in Kafkas Urteil entdecke, wie mit anderen damit zu arbeiten – Ich bin Kursleiter. Und nach Ansicht vieler Fachstudenten gibt es keine gleichzeitige Lust am Studienobjekt und dessen Vermittlung. Was ich damit meine: Ein Student kann heute eine Freiheit entdecken, die gleichzeitig in einen Brotberuf führt, und auch den kann und darf man sich wünschen. Das ergibt ein viel mehrdimensionaleres Wunschgebilde junger Menschen.
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JulianeAm 10. November 2011
klasse Bild!
AmelieAm 13. November 2011
Find ich auch! Richtig toll :)
BrianAm 10. November 2011
Das Bild ist einfach ein Traum! Aber der fundierte und wunderbar sachliche Kommentar von meinem Lieblings-Jan auch :)
MarcAm 10. November 2011
Ohja, das ist wirklich wunderbar. Das freut mich, so macht die Sache Spaß. Werde mich in einer ruhigen Minute auch dazu äußern! Besten Dank auf jeden Fall für die ehrliche und vor allem sachliche Meinung!!!!
Julis F.Am 17. November 2011
So, lieber Marc, jetzt hast Du den Tenor der Kommentare zu Deinem Text - teilweise übertrieben und offensiv, aber wahr - nochmal hingekuschelt bekommen - sich widersprechend, eindimensional, aber natürlich <<ein (Kunst-)Werk für sich>>, logo. Nun hast Du "sachliches" - ehrliches hattest Du schon die ganze Zeit, ganz sicher. Auf inhaltliche Äußerungen Deinerseits zu Kommentaren und Antworten wartet man seit der Veröffentlichung Deines Texts leider vergebens. Kommt da noch was?!