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Erst Plaudern, dann Porno

9. Juni 2011
Von Ruben Karschnick

Ruben aus Hamburg ist Chefredakteur von TONIC

Texte von Ruben
autor@tonic-magazin.de

Ruben Karschnick

Youporn, Schmuddel-Image, schwindende Kundschaft: Sexkinos müssen ums Überleben bangen. Doch der gebeutelten Branche mangelt es nicht an Zukunftsvisionen.

Das "Life Erotica" in Essen

Das "Life Erotica" in Essen

Es darf nicht nach Sperma riechen. Helga nimmt einen großen Feudel, klatscht ihn in einen Eimer mit Putzwasser und wischt gründlich über das schwarze PVC in der kleinen Kabine. Sperma riecht anrüchig und schmutzig, findet Helga. Und das mögen die Kunden nicht.

Der Herr, wegen dem Helga wischt, ist längst aus der Kabine verschwunden. Er ist hoch in die Lounge gegangen. Die Lounge ist ein Raum mit gemütlichen Sitzecken und Wohnzimmerambiente. Dort entspannen sich die Männer im netten Gespräch und beim Aperitif. Mitten im Pornokino.

Zahlen, gucken, gehen – so läuft es hier im Sexkino Life Erotica mitten in Essen nur noch dann, wenn sich Geschäftsmänner schnell die Mittagspause versüßen wollten. Viele Kunden bleiben lieber über einen kurzen Kabinenbesuch hinaus. "Die verabreden sich und sitzen dann nett zusammen", sagt Helga. Sie ist hier das Mädchen für alles.

Wir müssen weg vom Schmuddelimage.

Im Zeitalter des Internetpornos kämpfen die kleinen Sexkinos ums Überleben. Helga führt den Laden durch die Krise. Die 59-Jährige ist eine kleine Frau mit kurzen, grauen Haare und trägt eine orange umrandete Brille. Um die schmalen Schultern liegt eine graue Strickjacke, ein weißer Stoffschal verdeckt ihren faltigen Hals. Darunter trägt sie eine Bluse mit Blümchenmuster. Seit 17 Jahren arbeitet Helga hier.

"Wir müssen weg vom Schmuddel-Image, hin zum beliebten Treffpunkt", erklärt Helga das Konzept für die Zukunft. Alles solle heller, freundlicher, offener gestaltet werden. Man muss reingucken können, der Laden darf nicht abschreckend wirken, findet die 59-Jährige.

Es scheint eine einfache wie gnadenlose Formel: Das Pornokino muss sich neu erfinden – sonst siegt der billige Sexfilm im Internet über den kleinen Laden an der Straßenecke.

Leinwand, Couch und Spielwiese

Damit das nicht passiert, gibt es im Life Erotica seit einiger Zeit auch ein Pärchenkino im Keller: zwei Couch-Gruppen, eine Leinwand, davor eine große Matratze, die sogenannte Spielwiese. Für acht Euro pro Person hat man Zutritt zu einer Erfahrung, die viele als Abenteuer erleben, als Möglichkeiten, wieder Herzklopfen beim Sex zu haben, richtig aufgeregt zu sein – ein bisschen wie beim ersten Mal.

Zwei Studenten im Pornokino
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