Battles – Gloss Drop
6. Juni 2011
Von Hannah Seichter
Mit "Gloss Drop" legen die New Yorker von Battles ein Werk vor, das schmatzt, wabert und fechtet. Und nehmen sich selbst dabei nie zu ernst.

Wüste. Hitze. Ein Pflanzenknäul weht einsam umher. Zwei Cowboys stehen sich auf Gedeih und Verderb gegenüber. Die postrockesken verzerrten Soundteppiche machen klar: Es kann nur einen geben. Bis plötzlich ein sehr niedlicher Gitarrenlauf einsetzt und die coolen Jungs zu Tom und Jerry mutieren. So in etwa ließe sich das bildliche Äquivalent zu "Africastle", dem Opener des zweiten Longplayers Gloss Drop beschrieben. Der Startschuss für ein kurioses "Battle".
Die Band selbst gründete sich 2002 im Big Apple, der bekanntermaßen schon einigen abgefahrenen Künstlern ein fruchtbarer Nährboden gewesen ist. Nach ihrem Debut 2007 legen sie mit Battles also schlappe vier Jahre später ihr Folgewerk auf den Tisch. Es knistert, knartscht und erinnert an die Xylophonspielereien aus Kindertagen.
Im Video zu "Ice Cream" treffen Sex-Anspielungen (der Hund leckt an der Banane; eine Dame leckt erotisch ein Eis in der Badewanne...) auf schnelle, zusammenhangslose Bildwechsel. Überhaupt mischen sich kindliche, verspielte Melodiebögen mit "erwachsenen" Elementen: Zwitschernde Synthesizer und Plastiksounds treffen auf Drumwirbel und verzerrte Gitarrenwellen. Pop und Reggae auf (Post-)Rock. Es ist ein stetiger Kampf zwischen diesen beiden Seiten, in dem dennoch immer das schelmische innere Kind die Oberhand behält. Eine Schlacht ohne Blut, sondern mit Wasserpistolen.
Obwohl Battles nicht selbst singen, sondern sich lieber Gastmusiker aus der Elektroszene (hierunter der englische Elektropop-Pionier Gary Numan) ins Studio schleifen, können sie mit Sprache hervorragend umgehen: Jedes der Stücke heißt wirklich so, wie es klingt. Sei es etwa bei "Wall Street", wo kleine graue Banker mit Aktenköfferchen hektisch und zettelwedelnd durch die Gegend rennen oder in "Dominican Fade", das mit seinem stürmischen Percussioneinsatz an rhytmische und subtropische Tanzevents in der Südsee erinnert. Gloss Drop ist also nicht etwa nur schlichtes Album, sondern vielmehr ein Trick-Film auf Tonspur. Der wiederum ist etwas für fast alle: Die unterschiedlichen Musikgenres vertragen sich ob ihrer Gegensätzlichkeit so gut, dass zu Gloss Drop wohl Popper wie auch Rocker (und Tänzer sowieso) hemmungslos hüpfen können. Ein Album zur Musikverständigung? Vielleicht. Doch obwohl Battles keine Trash Metal -Band, sondern nett und verrückt sind, fordern sie ein Mindestmaß an Lautstärke, um Spaß zu machen. Heißt: Man kann das Ding nicht einfach so nebenbei hören, sondern muss es ordentlich aufdrehen, um seine Stärke zu zelebrieren. Die hört nämlich eindeutig auf den Namen "Rhytmus" und ist der Hauptgrund dafür, dass das gute 12 Track-starke Stück trotz acht puren Instrumentals nicht eintönig wird.
Battles beweisen mit einem schelmischen Lächeln auf den Lippen das, was für (fast) jeden bisher ein Widerspruch an sich war: Experimentelle Musik muss nicht verkopft sein, sondern kann eine verdammt spaßige, wabernde Masse sein.
Interpret: Battles
Albumtitel: Gloss Drop
Erscheinungsdatum: 3. Juni 2011
Label: WARP
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